PETER HAIMERL . ARCHITEKTUR

Konzertsaal Haus Marteau

Ein neuer Konzertsaal unter der Erde bewahrt das Haus Marteau und den dazugehörigen Park.
Im Innern dieses Saals erinnern riesige Granitsplitter an die Bergbauvergangenheit Oberfrankens.

Aus den zwei gegenüberliegenden Ecken eines Parallelogramms fliegen Splitter aufeinander zu. Sie explodieren in der Mitte des Raums und setzen sich an den Wänden als kristalline Formen ab.

Das Ensemble

Das Haus Marteau in Lichtenberg, eine dreigeschossige Villa aus dem frühen 20. Jahrhundert, beeindruckt durch seinen einzigartigen Baukörper und seine markante Silhouette.

Es befindet sich in einem eleganten Park, der sich harmonisch in die sanfte Hügellandschaft der Umgebung einbettet. Einige Relikte seiner Vergangenheit wurden im Laufe der Jahre überwuchert, wie zum Beispiel der ehemalige Tennisplatz, der sich in einen Hain zurückverwandelt hat.
So findet man die bewegte Geschichte des Hauses immer noch in der Anlage wieder.

Umbau der Villa

Das Bestandsgebäude ist nur im Erdgeschoss und im neuen Gartengeschoss umstrukturiert. Dafür wurde der Keller um 60 cm in die Tiefe erweitert. Die entstandene zusätzliche Raumhöhe ermöglicht ein vollwertiges Stockwerk. Es bietet Platz für drei weitere Übungsräume, eine Lounge, eine Kantine und ein Foyer. Ein neu eingebauter Fahrstuhl stellt zudem die barrierefreie Erschließung des Hauses sicher.

Die Architektursprache sowie die Möblierung des neuen Kellers orientieren sich an der herrschaftlichen Architektur des historischen Gebäudes und führt diese zeitgemäß weiter.

Der Anbau

Der Architekt ging bei seinem Entwurf von der Prämisse aus, sowohl den Park als auch das Gebäude so weit wie möglich unverändert zu belassen. Nur an zwei umrahmten Öffnungen ist erkennbar, dass das Bauvolumen des neuen unterirdischen Saals vollständig in den Hang an der Südseite der historischen Villa integriert ist.

Edelstahlschwerter, die scheinbar zufällig in der sanften Hügellandschaft des Parks im Boden stecken, verbergen den Eingang des Konzertsaals. Der polierte Edelstahl spiegelt den Himmel, den Park und die Villa wider. Der Hügel des Parks gibt das Geheimnis in seinem monumentalen Inneren nicht Preis.

Die Ansicht des denkmalgeschützten Hauses und des Parks bleibt von allen Seiten bestehen.

Ein schmaler abfallender Stollengang verbindet den neu ausgebauten Keller mit dem Konzertsaal. Der Besucher tritt aus der Enge des Gangs und sieht sich überwältigt von der räumlichen Wirkung des Saals.

Der Entwurfsgedanke geht von zwei einander gegenüberliegenden Explosionen im Inneren des Berges aus, die ihre architektonische Entsprechung in 33 großen expressiven Granitsplittern finden. Diese setzen sich um eine zentrale Bühne als kristallin erstarrte Tetraeder an den Wänden und der Decke des Saals ab.

Die Granitsplitter, die aus dünnen Granitplatten auf Stahlunterbauten konstruiert wurden, sind bis zu 13 Meter lang und fast neun Tonnen schwer. Die schrägen Flächen modellieren die Akustik des Konzertsaals.

Der Neue Saal

Die Formensprache des Konzertsaals greift die Bergbauvergangenheit von Oberfranken auf. Die hier ehemals abgebauten Stoffe, die oft in kristallinen Formen vorkamen, werden ins Architektonische transformiert.

Die Konzeption von Peter Haimerl bereichert damit auf zeitgenössische, dynamisch-skulpturale Weise eine Tradition Lichtenbergs.

Der Konzertsaal wird durch die Hinterleuchtung der tetraederförmigen Granitkörper indirekt erhellt. Zusätzlich ermöglichen die im Raum schwebenden kristallinen Lichtkörper eine zielgerichtete Beleuchtung, ohne die kraftvolle Energie der kubischen Skulpturen zu zerstören.

Die warme und klare Akustik wird durch die stoffbezogenen 89 Sitze der flankierenden Tribünen abgerundet.

Bauherr: Bezirk Oberfranken
Architekt: PETER HAIMERL . ARCHITEKTUR
Mitarbeiter: Ulrich Pape, Doris Astner, Tomohide Ichikawa, Jutta Görlich
Bauleitung: Hüttner Architekten
Granit: Kusser Granit
Konstruktion: Firma Gföllner
Statik: aka ingenieure, Thomas Beck
Akustik: Müller BBM, Eckard Mommertz
Fertigstellung: Altbau 2020, Konzertsaal 2021
Fotos: Edward Beierle